Zwangsvollstreckung ins Ausland – Das Wichtigste in Kürze
Ja. Gläubiger in Deutschland können unbezahlte Geldbeträge auch im Ausland durch eine Zwangsvollstreckung einfordern.
Während Gläubiger in nationalen Zwangsvollstreckungsverfahren (bspw. in Deutschland) nur einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel benötigen, ist für das EU-Ausland auch eine Vollstreckungsbescheinigung erforderlich. Diese müssen sie sich von einem Gericht des jeweiligen Mitgliedstaats ausstellen lassen. Weitere Infos dazu finden Sie hier.
In Nicht-EU-Ländern sind Vollstreckungen deutlich schwieriger zu veranlassen. Während EU-Mitgliedstaaten vereinfachte Verfahren ermöglichen, können diese im internationalen Ausland in der Regel nur mithilfe eines Inkassounternehmens eingeleitet werden. In diesem Abschnitt erfahren Sie mehr darüber.
Inhaltsverzeichnis
Vollstreckung ins EU-Ausland: Welche Richtlinien gelten?
Was passiert, wenn ein Schuldner ins Ausland geht, aber Gläubiger noch offene Geldforderungen gegen ihn haben? Können sie diese trotzdem vollstrecken, obwohl derjenige nicht mehr in Deutschland ist? Je nachdem, ob eine grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung inner- oder außerhalb der EU erfolgen soll, läuft das Verfahren anders ab. Seit die EuGVVO (auch Brüssel-Ia-Verordnung genannt) mit der Nummer 1215/2012 am 10. Januar 2015 in Kraft getreten ist, kann eine Zwangsvollstreckung im EU-Ausland auf vereinfachtem Wege erfolgen.
Verfahren, die sich bspw. mit Handels- oder Zivilkonflikten auseinandersetzen, lassen sich so schneller und ohne monatelange Wartezeiten abschließen. Zoll- und steuerrechtliche Angelegenheiten sind gemäß Art. 1 nicht Teil der Verordnung.
Bevor die EU VO Nr. 1215/2012 beschlossen hat, ist eine Vollstreckung im Ausland weitaus beschwerlicher gewesen. Gläubiger mussten immer zuerst ein langwieriges Vollstreckbarerklärungsverfahren (Exequaturverfahren) in die Wege leiten, um z. B. in Kroatien oder Schweden zu klären, ob ihre Forderungen im jeweiligen Land rechtens und somit auch vollstreckbar sind.
Inzwischen reicht es aus, wenn sich Gläubiger in Deutschland für Zwangsvollstreckungen im EU-Ausland eine Vollstreckungsbescheinigung für ihren Vollstreckungstitel einholen.
Diese wird vom Gericht eines Mitgliedstaats ausgestellt und ist bei der ausländischen Zwangsvollstreckungsbehörde des jeweiligen Staats vorzulegen (bspw. wenn sie eine von einem kroatischen Gericht ausgestellte Bescheinigung bei den kroatischen Behörden einreichen).
Das Dokument selbst enthält alle nötigen Informationen, um den Vorgang sofort in die Wege leiten zu können und nach dem geltenden nationalen Recht des Zweitstaats durchzuführen. Weitere Überprüfungen müssen nicht mehr stattfinden.
Folgende Verfahren sind dabei im Rahmen einer Zwangsvollstreckung im Ausland möglich:
- Europäisches Mahnverfahren gemäß der Europäischen Mahnverfahrensverordnung (EuMVVO) bzw. EU-Verordnung Nr. 1896/2006
- Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen gemäß der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EuVTVO) bzw. EU-Verordnung Nr. 805/2004 (d. h. ein deutscher Vollstreckungstitel kann bspw. vom Gericht eines Mitgliedsstaats als europäischer bestätigt werden und ermöglicht dann eine EU-weite Vollstreckbarkeit aller Forderungen, die nicht innerhalb von 10 Tagen angefochten werden)
- Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen (d. h. für alle Geldbeträge bis zu 5.000 Euro)
Alle vor dem 10. Januar 2015 eingeleiteten Vollstreckungsverfahren sind noch an die vorherige Verordnung 44/2001 gebunden. Solche Anträge brauchen eine Vollstreckbarkeitserklärung. Diese muss dem Gericht, das für Ihren Wohnsitz oder den Aufbewahrungsort Ihres Vermögens im Ausland zuständig ist, zugestellt werden. Hierfür müssen Sie einen am Vollstreckungsort anerkannten Anwalt hinzuziehen.
Die Internationale Zwangsvollstreckung: Strengere Verfahrensgrundlagen
Im Gegensatz zu den vereinfachten Vollstreckungsverfahren innerhalb der Europäischen Union ist eine Zwangsvollstreckung im internationalen Ausland fernab der EU-Außengrenzen eine weitaus kompliziertere Angelegenheit. Gläubiger können ihre Forderungen gegenüber Ihnen als Schuldner aber trotzdem geltend machen.
Anders als in der EU gibt es jedoch keine allgemeingültigen Regelungen. Alle Vorschriften sind hier immer abhängig vom jeweiligen Staat. Insbesondere wenn Gläubiger versuchen, eine Vollstreckung ohne jegliche Hilfe zu veranlassen, bleibt sie mitunter erfolglos.
Folgende Fälle können im internationalen Ausland eintreten:
- Es besteht ein Zwangsvollstreckungsabkommen zwischen Deutschland und dem jeweiligen Staat. Dann gelten dementsprechend die darin aufgeführten Richtlinien.
- Es gibt kein Abkommen zwischen Deutschland und dem jeweiligen Staat. Da ein deutsches Urteil meist nicht anerkannt wird, haben Gläubiger nur die Möglichkeit, die etwaigen Richtlinien einzuhalten, welche der Nicht-EU-Staat vorgibt.
Egal welcher der beiden Fälle Sie als Schuldner letztendlich betrifft, bleibt es für Gläubiger in der Regel unausweichlich, ein Inkassounternehmen zur Zwangsvollstreckung im internationalen Ausland einzubeziehen. Das kann entweder ein in Deutschland oder vor Ort ansässiges sein.
Falls Gläubiger mit einem deutschen Inkasso-Anbieter zusammenarbeiten, ist allerdings entscheidend, dass dieser entweder Beziehungen zu den ausländischen Unternehmen (Auslandsinkasso) hat oder selbst im jeweiligen Staat ein solches betreibt. Andernfalls hat er mitunter nicht ausreichend Wissen über die jeweilige Gesetzeslage, um deren Forderungen letztendlich auch durchsetzen zu können.
Alle Staaten außerhalb der EU können grundsätzlich einen Nachweis zur Forderung (bspw. einen entsprechenden Kaufvertrag zwischen Schuldner und Gläubiger) verlangen. Dieser muss in die jeweilige Landes- bzw. Amtssprache übersetzt werden (Englisch wird größtenteils auch anerkannt). Da die Kosten für einen solchen Nachweis allerdings besonders bei geringen Geldbeträgen die eigentlichen Forderungen übersteigen können, lohnt sich eine Zwangsvollstreckung im Ausland für Gläubiger dann meist nicht. Schulden Sie also nur kleine Beträge, kommt mitunter kein Vollstreckungsverfahren auf Sie zu.