Zwangsvollstreckung abwenden – 8 Ideen

Von Franziska L.

Letzte Aktualisierung am: 20. Dezember 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Abwendung der Zwangsvollstreckung – Das Wichtigste in Kürze

Wie kann man eine Zwangsvollstreckung abwenden?

Versuchen Sie zuerst, sich mit Ihren Gläubigern zu einigen. Hier listen wir weitere Möglichkeiten auf.

Wie kann ich die Zwangsvollstreckung in meine Immobilie abwenden?

Beantragen Sie beim Gericht die vorläufige Einstellung des Verfahrens. Wie das funktioniert, erfahren Sie in diesem Abschnitt.

Wann ist eine Zwangsvollstreckung unzulässig?

Der Gläubiger und die Vollstreckungsorgane müssen sich an die Regeln halten, anderenfalls ist die Zwangsvollstreckung unzulässig. Ein Gerichtsvollzieher darf zum Beispiel keine unpfändbaren Gegenstände beschlagnahmen.

Wie lässt sich eine Zwangsvollstreckung abwenden? Das erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Wie lässt sich eine Zwangsvollstreckung abwenden? Das erfahren Sie in diesem Ratgeber.

Überblick: Was kann ich gegen eine Zwangsvollstreckung machen?

Begleichen Sie eine fällige Forderung trotz Mahnung nicht, kann der Gläubiger mit staatlicher Unterstützung Ihr Einkommen und Vermögen pfänden lassen und seine Ansprüche mit Zwang durchsetzen.

Sie als Schuldner sind in dieser Situation allerdings nicht völlig schutzlos. Unter bestimmten Umständen lässt sich die bevorstehende oder bereits laufende Zwangsvollstreckung noch abwenden.

Dafür stehen Ihnen insbesondere folgende acht Möglichkeiten offen:

  1. Außergerichtliche Einigung mit dem Gläubiger
  2. Vollstreckungstitel verhindern
  3. Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung
  4. Zwangsvollstreckung einer Immobilie abwenden durch vorläufige Einstellung
  5. Vollstreckungsschutz im Härtefall
  6. Verfahrensfehler mit der Vollstreckungserinnerung rügen
  7. Laufende Zwangsvollstreckung abwenden mit Vollstreckungsgegenklage
  8. Privatinsolvenz mit anschließender Restschuldbefreiung beantragen

1) Einigung mit den Gläubigern: Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Zahlung

Möglicherweise können Sie die Zwangsvollstreckung abwenden durch eine Einigung mit Ihren Gläubigern.
Möglicherweise können Sie die Zwangsvollstreckung abwenden durch eine Einigung mit Ihren Gläubigern.

Jeder kann einmal in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Und die meisten Gläubiger haben dafür auch Verständnis – zumindest, wenn Sie das Gespräch mit Ihrem Gläubiger suchen, anstatt Ihre Zahlungen kommentarlos einzustellen. Wenn Sie ihm klarmachen, dass Sie durchaus gewillt sind, Ihre Schulden zu bezahlen, stehen die Chancen für eine einvernehmliche Lösung nicht schlecht.

Wenn Sie die Zwangsvollstreckung dauerhaft abwenden wollen, müssen Sie sich um eine Einigung mit all Ihren Gläubigern bemühen. Denn auch, wenn es Ihnen gelingt, die Vollstreckung durch einen Gläubiger zu verhindern, sind weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch andere Gläubiger möglich.

Grundlage einer solchen Einigung ist ein Schuldenbereinigungsplan, also eine Art Vergleichsangebot an alle Gläubiger. Darin bieten Sie ihnen zum Beispiel eine einmalige Zahlung oder eine Ratenzahlung an. Dafür müssen Sie sich zuerst überlegen, wie viel Geld Ihnen für den Schuldenabbau zur Verfügung steht. 

Sie können allein Kontakt mit Ihren Gläubigern aufnehmen und mit ihnen verhandeln. Sinnvoller ist es aber, dafür die professionelle Hilfe eines Rechtsanwalts oder einer Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen. So können Sie die Zwangsvollstreckung abwenden und schonen gleichzeitig Ihre Nerven.

2) Verhindern, dass der Gläubiger einen Vollstreckungstitel erwirkt

Eine Möglichkeit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist es, bereit den Vollstreckungstitel zu vereiteln.
Eine Möglichkeit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist es, bereit den Vollstreckungstitel zu vereiteln.

Bevor der Gläubiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen veranlassen darf, benötigt er einen Vollstreckungstitel. Erst diese amtliche Urkunde gibt ihm das Recht, die Vollstreckung zu betreiben.

Möglicherweise lässt sich die Zwangsvollstreckung abwenden, indem Sie verhindern, dass der Gläubiger einen solchen Titel überhaupt erhält.

Ihr Gläubiger kann Sie beispielsweise auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme verklagen. Gewinnt er den Prozess, hält er mit dem Urteil einen Vollstreckungstitel in der Hand. Daraus darf er erst vollstrecken, wenn das Urteil rechtskräftig geworden ist oder wenn das Gericht das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt. Unter Umständen können Sie schon in dieser Phase die Zwangsvollstreckung abwenden, indem Sie das Urteil mithilfe einer Berufung oder der Revision angreifen. Lassen Sie sich hierzu gegebenenfalls von einem Anwalt beraten.

Mit einem gerichtlichen Mahnverfahren gelangt der Gläubiger viel schneller ans Ziel. Am Ende erhält er einen Vollstreckungsbescheid, der ihn zur Zwangsvollstreckung berechtigt, ohne dass das Mahngericht die Forderung des Gläubigers überhaupt überprüft. Es prüft lediglich die Voraussetzungen des Mahnverfahrens.

  • Sie als Schuldner können den Vollstreckungsbescheid und damit auch die Zwangsvollstreckung abwenden, indem Sie innerhalb von 14 Tagen Widerspruch gegen den gerichtlichen Mahnbescheid einlegen. Dann geht das Mahnverfahren in ein streitiges Verfahren vor dem Gericht über.
  • Spätestens wenn Ihnen der Vollstreckungsbescheid zugestellt wird, sollten Sie reagieren und binnen 14 Tagen Einspruch einlegen. Auch in diesem Fall findet anschließend ein streitiges Verfahren vor dem Gericht statt.

Ein Widerspruch bzw. Einspruch im Mahnverfahren ist sinnvoll, wenn Sie die Forderung dem Grunde oder der Höhe nach für unberechtigt halten und sie deshalb bestreiten möchten.

In dem streitigen Verfahren folgt die Klage des Gläubigers auf Zahlung, Ihre Klageerwiderung und gegebenenfalls eine Beweisaufnahme. Das Gericht entscheidet per Urteil. Um den Titel und die Zwangsvollstreckung weiterhin abwenden zu können, müssen Sie aktiv werden und genau darlegen und gegebenenfalls auch beweisen können, warum die Forderung eben nicht besteht.

3) Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung

Mitunter lässt sich die Zwangsvollstreckung abwenden durch eine Sicherheitsleistung.
Mitunter lässt sich die Zwangsvollstreckung abwenden durch eine Sicherheitsleistung.

Bei bestimmten Vollstreckungstiteln kann der Schuldner die Zwangsvollstreckung abwenden, indem er eine Sicherheit leistet. Diese Möglichkeit besteht laut § 711 ZPO in Verbindung mit § 708 Nr. 7, 10 und 11 ZPO zum Beispiel bei:

  • Urteilen in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter
  • Berufungsurteilen in vermögensrechtlichen Streitigkeiten
  • anderen Urteilen „in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.“

Achtung! Das funktioniert laut § 711 ZPO nur, wenn der Gläubiger vor der Zwangsvollstreckung selbst keine Sicherheit leistet.

4) Zwangsvollstreckung beim Haus abwenden

Eine der schlimmsten Situationen, in die Gläubiger geraten kann, ist die Zwangsversteigerung seines Eigenheims. Sie können die Zwangsversteigerung Ihres Hauses verhindern, indem Sie die vorläufige Einstellung des Verfahrens beim Gericht beantragen. Dann wird das Verfahren für höchstens sechs Monate ausgesetzt.

Allerdings können Sie die Zwangsvollstreckung nur abwenden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Wie lässt sich die Zwangsvollstreckung in ein Haus abwenden?
Wie lässt sich die Zwangsvollstreckung in ein Haus abwenden?
  • Sie beantragen die Einstellung innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung, mit der die Zwangsversteigerung angeordnet wurde.
  • Sie müssen darlegen, dass Sie Ihre Schulden aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten sechs Monaten begleichen können, beispielweise, weil Ihnen dann eine Erbschaft ausgezahlt wird oder weil Sie einen neuen Job antreten.
  • Das Gericht kommt bei seiner Prüfung zu dem Schluss, dass der Aussetzung der Zwangsvollstreckung keine überwiegenden Interessen des Gläubigers entgegenstehen. Wenn der Gläubiger beispielsweise selbst dringend auf das Geld angewiesen ist, lässt sich die Zwangsvollstreckung nicht abwenden.

5) Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO im Härtefall

In absoluten Ausnahmefällen können Sie eine Zwangsvollstreckung abwenden, indem Sie beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf (teilweise) Aufhebung, Untersagung oder einstweilige Einstellung der Vollstreckung stellen. Die Hürden hierfür sind allerdings extrem hoch.

In Betracht kommt ein solcher Vollstreckungsschutz zum Beispiel in folgenden Situationen:

  • Der Schuldner ist sehr schwer erkrankt. Sein gesundheitlicher Zustand würde sich durch die Zwangsvollstreckung lebensbedrohlich verschlechtern.
  • Es besteht eine konkrete Suizidgefahr beim Schuldner.
  • Bei einem schweren Hochwasser werden Wohnhaus und Geschäft des Schuldners völlig zerstört. Er kann deshalb die titulierte Forderung seines Gläubigers nicht erfüllen.

6) Verfahrensfehler per Vollstreckungserinnerung rügen

Mitunter können Schuldner die Zwangsvollstreckung abwenden, indem sie Rechtsmittel einlegen.
Mitunter können Schuldner die Zwangsvollstreckung abwenden, indem sie Rechtsmittel einlegen.

Auch eine bereits eingeleitete Zwangsvollstreckung können Sie abwenden, beispielsweise, wenn sich der Gerichtsvollzieher nicht an die gesetzlichen Verfahrensregeln hält. Denn der Gläubiger und die Vollstreckungsorgane müssen bei der Vollstreckung sehr strenge Regeln beachten.

Mit der Vollstreckungserinnerung rügen Sie formelle Fehler bzw. die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, z. B.:

  • fehlende Vollstreckungsvoraussetzungen (fehlender Titel)
  • Vollstreckung durch nicht zuständiges Vollstreckungsorgan
  • Sachpfändung bzw. Vollstreckung zur Unzeit (etwa am Feiertag oder mitten in der Nacht)
  • Unzulässige Durchsuchung oder Gewaltanwendung
  • Vollstreckung trotz Insolvenzeröffnung
  • Pfändung einer unpfändbaren Sache
  • Offenkundig überzogene Pfändung

Achtung! Mit der Vollstreckungserinnerung lässt sich die Zwangsvollstreckung nicht endgültig abwenden. Sie verschafft Ihnen lediglich etwas Zeit und sorgt dafür, dass das Verfahren fair und ordnungsgemäß abläuft.

7) Laufende Zwangsvollstreckung abwenden mit Vollstreckungsgegenklage

Abwendung der Zwangsvollstreckung: Mit der Vollstreckungsgegenklage wird der Vollstreckungstitel beseitigt.
Abwendung der Zwangsvollstreckung: Mit der Vollstreckungsgegenklage wird der Vollstreckungstitel beseitigt.

Eine endgültige Abwendung der Zwangsvollstreckung gelingt möglicherweise mit der Vollstreckungsgegenklage. Mit diesem Rechtsmittel wehren Sie sich gegen die Forderung, wegen der der Gläubiger die Vollstreckung betreibt.

Wenn Sie Erfolg haben, mit Ihrer Klage, erklärt das Gericht die Vollstreckung aus dem Titel für unzulässig, sodass Ihr Gläubiger nicht mehr vollstrecken darf. Er benötigt erst einen neuen Titel.

Die Chancen einer Vollstreckungsgegenklage stehen gut, wenn Sie die titulierte Forderung bereits beglichen haben oder wenn Ihnen der Gläubiger die Schulden erlassen oder gestundet hat. Sie können sich allerdings nur auf solche Einwände berufen, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im vorherigen Klageverfahren entstanden sind.

Im folgenden Beispielfall lässt sich die Zwangsvollstreckung abwenden: Der Schuldner wird rechtskräftig verurteilt, ein Darlehen von 3.000 € an den Gläubiger zurückzuzahlen. Danach gewährt der Gläubiger dem Schuldner einen sechsmonatigen Aufschub. Trotz dieser Stundung betreibt der Gläubiger einen Monat später die Zwangsvollstreckung.

Vollstreckungsgegenklage: Der Schuldner kann die Zwangsvollstreckung nur abwenden, wenn er Einwendungen vorbringt, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind.
Vollstreckungsgegenklage: Der Schuldner kann die Zwangsvollstreckung nur abwenden, wenn er Einwendungen vorbringt, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind.

8) Privatinsolvenz anmelden

Wie kann man eine Zwangsvollstreckung noch abwenden? Indem Sie einen Insolvenzantrag stellen.
Wie kann man eine Zwangsvollstreckung noch abwenden? Indem Sie einen Insolvenzantrag stellen.

Zu guter Letzt lässt sich eine Zwangsvollstreckung abwenden, indem Sie Privatinsolvenz beantragen. Gemäß § 89 Abs. 1 InsO gilt für die Insolvenzgläubiger ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Vollstreckungsverbot. Zu ihnen gehören alle Gläubiger, deren Forderungen bereits vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind.

Der Insolvenzantrag allein genügt also nicht, um die Zwangsvollstreckung zu verhindern. Das Gericht muss das Insolvenzverfahren erst eröffnen.

Das Vollstreckungsverbot soll sicherstellen, dass die Gläubiger während der Privatinsolvenz gleichmäßig befriedigt werden und dass kein Gläubiger dabei bevorteilt wird.

Auch andere Gläubiger können nicht mehr so ohne Weiteres vollstrecken. So ist zum Beispiel eine Pfändung von Arbeitseinkommen während der Privatinsolvenz laut § 89 Abs. 2 InsO unzulässig, es sei denn, es handelt sich um eine „Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.“

Beachten Sie aber, dass neue Schulden, die Sie nach der Eröffnung der Privatinsolvenz machen, nicht unter die Restschuldbefreiung fallen. Neugläubiger können ihre Forderungen spätestens nach Erteilung der Restschuldbefreiung per Zwangsvollstreckung eintreiben, wenn sie einen Titel besitzen.

Quellen und weiterführende Links

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Franziska L.

Franziskas Herzensthema sind Finanzen sowie Verbraucherthemen rund ums Geld. Seit 2017 schreibt sie für schuldnerberatungen.org regelmäßig über Schuldenregulierung & Geldtipps, Pfändung & Insolvenz sowie über zivilrechtliche Fragestellungen. Dabei lässt sie auch ihr juristisches Knowhow aus Studium und Referendariat einfließen.

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