Restschuldbefreiung – Das Wichtigste in Kürze
Die Restschuldbefreiung ist ein gerichtlicher Schuldenerlass, der Verbrauchern, Selbständigen und Freiberuflern eine vollständige Entschuldung und einen Neubeginn ohne Schulden ermöglicht, wenn diese sich während des Restschuldbefreiungsverfahrens redlich verhalten.
Der Schuldner darf aufgrund dieses Schuldenerlasses Zahlungsaufforderungen seiner Gläubiger ablehnen, selbst wenn diese ihre Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet haben. Damit ist er von allen restlichen Schulden befreit, die vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind. Welche Verbindlichkeiten hiervon ausgenommen sind, lesen Sie hier.
Die Wohlverhaltensphase (sogenannte Abtretungsfrist) beginnt mit der Insolvenzeröffnung und dauert nur noch drei Jahre, wenn der Schuldner seine Insolvenz nach dem 30. September 2020 angemeldet hat. Näheres zur Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens lesen Sie in diesem Abschnitt.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Restschuldbefreiung?
Viele Privathaushalte sind so stark überschuldet, dass sie diese Verbindlichkeiten allein nicht mehr bewältigen können. Ihnen steht die Verbraucherinsolvenz (Privatinsolvenz) offen, falls es ihnen nicht gelingt, sich mit ihren Gläubigern außergerichtlich darüber zu einigen, wie sie ihre Schulden abbauen. Dieses Verfahren endet für redliche Schuldner mit der Erteilung der Restschuldbefreiung. Sie haben damit die Chance, wirtschaftlich neu zu beginnen – ganz ohne Schulden.
Das Restschuldbefreiungsverfahren steht übrigens nicht nur Verbrauchern offen, sondern auch Personen, die selbstständig oder freiberuflich tätig sind: Verbraucher durchlaufen hierfür die Privatinsolvenz, während für unternehmerisch tätige Personen die Regelinsolvenz vorgesehen ist.
Zu den Verbrauchern zählen:
- Arbeitnehmer
- Beamte
- Rentner und Pensionäre
- ehemalige Selbstständige mit überschaubaren Vermögensverhältnissen, wenn gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen
Die Restschuldbefreiung ist damit nur für natürliche Personen (Menschen) vorgesehen, nicht aber für Unternehmen und andere Institutionen.
Grober Ablauf der Privatinsolvenz mit anschließender Restschuldbefreiung
Die Privatinsolvenz läuft in mehreren Phasen ab:
- Bevor ein Schuldner den Insolvenzantrag zusammen mit seinem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung stellen darf, muss er versuchen, mit seinen Gläubigern einen Vergleich zur Schuldenbereinigung zu vereinbaren. Misslingt dieser Einigungsversuch folgt das gerichtliche Verfahren, das aus zwei Stufen besteht.
- Zuerst versucht das Insolvenzgericht noch einmal, eine Einigung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern herbeizuführen.
- Scheitert der gerichtliche Einigungsversuch ebenfalls, beginnt das eigentliche – vereinfachte – Insolvenzverfahren: Mit Eröffnung der Privatinsolvenz beginnt die Wohlverhaltensphase (Abtretungsfrist). Während dieser Zeit muss der Schuldner den pfändbaren Anteil seines Arbeitseinkommens an den Insolvenzverwalter abtreten und bestimmten Obliegenheiten nachkommen.
- Gelingt es nicht, sämtliche Schulden während dieser Wohlverhaltensperiode zu tilgen, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung, sofern der Schuldner diese beantragt hat.
In den folgenden Fällen ist der Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners laut § 287a Abs. 2 InsO unzulässig:
- Dem Schuldner wurde in den letzten 11 Jahren bereits eine Restschuldbefreiung erteilt.
- Dem Schuldner wurde in den letzten 5 Jahren aufgrund seiner Vorstrafe wegen einer Insolvenzstraftat die Restschuldbefreiung versagt.
- Das Insolvenzgericht hat dem Schuldner den Schuldenerlass versagt, weil er in den letzten 3 Jahren gegen seine Auskunft- und Mitwirkungspflicht oder die Erwerbsobliegenheit verstoßen hat oder weil er unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen gemacht hat.
Dauer der Wohlverhaltensphase: Schuldenerlass schon nach drei Jahren
Am 1. Oktober 2020 ist eine Reform des Insolvenzrechts in Kraft getreten, durch die das Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre verkürzt wurde.
Schuldner, die ihren Insolvenzantrag ab diesem Stichtag eingereicht haben, kommen damit bereits nach drei Jahren in den Genuss der Restschuldbefreiung, ohne dass sie dafür einen Mindestanteil der Schulden beglichen haben müssen.
Im Falle einer wiederholten (zweiten) Privatinsolvenz wird die Restschuldbefreiung nach einer Dauer von fünf Jahren erteilt. Die Wohlverhaltensphase dauert dann also zwei Jahre länger. Diese Regelung gilt aber nur, wenn der Schuldner den Schuldenerlass in einem nach dem 30. September 2020 beantragten Insolvenzverfahren erhalten hat.
Das Insolvenzgericht erteilt die sofortige Restschuldbefreiung, wenn …
- kein Gläubiger Forderungen angemeldet hat bzw.
- wenn alle Forderungen einschließlich der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten beglichen sind.
Für Verbraucher, die ihre private Insolvenz zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 1. Oktober 2020 beantragt haben, wird die ursprünglich sechsjährige Wohlverhaltensphase wie folgt verkürzt:
Datum des Insolvenzantrags | Dauer der Wohlverhaltensphase |
---|---|
17.12.2019 bis 16.01.2020 | 5 Jahre und 7 Monate |
17.01 2020 bis 16.02.2020 | 5 Jahre und 6 Monate |
17. 02.2020 bis 16.03.2020 | 5 Jahre und 5 Monate |
17.03.2020 bis 16.04.2020 | 5 Jahre und 4 Monate |
17.04 2020 bis 16.05.2020 | 5 Jahre und 3 Monate |
17.05.2020 bis 16.06.2020 | 5 Jahre und 2 Monate |
17.06.2020 bis 16.07.2020 | 5 Jahre und 1 Monate |
17.07.2020 bis 16.08.2020 | 5 Jahre |
17.08.2020 bis 16.09.2020 | 4 Jahre und 11 Monate |
17.09.2020 bis 30.09.2020 | 4 Jahre und 10 Monate |
In diesen Fällen erteilt das Insolvenzgericht eine vorzeitige Restschuldbefreiung, wenn der Schuldner dies beantragt:
- Die Wohlverhaltensphase verkürzt sich auf fünf Jahre, wenn der Schuldner in dieser Zeit alle Verfahrenskosten bezahlt.
- Der Verbraucher wird nach drei Jahren schuldenfrei, wenn er mindestens 35 Prozent seiner Schulden und die Verfahrenskosten aufbringt.
Wirkung der Restschuldbefreiung
Nach Ablauf der Wohlverhaltensphase erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung. Dieser Schuldenerlass wirkt laut § 301 InsO sowohl gegen alle Insolvenzgläubiger als auch gegen Gläubiger, die ihre Forderungen nicht beim Insolvenzverwalter angemeldet haben.
Diese noch offenen Verbindlichkeiten bleiben zwar bestehen, aber die Gläubiger können diese nicht mehr geltend machen. Eine Pfändung nach der Restschuldbefreiung zur Durchsetzung der Restschulden ist unzulässig. Der Schuldner darf Zahlungen verweigern.
Von diesem gerichtlichen Schuldenerlass ausgenommen sind folgende Verbindlichkeiten:
- Verbindlichkeiten, die auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners beruhen
- pflichtwidrig nicht bezahlte Unterhaltsschulden
- Steuerschulden im Zusammenhang mit einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Steuerstraftat
- Geldstrafen und Bußgelder
- Verfahrenskosten und zinslose Darlehen für deren Tilgung
Nach der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung muss der Schuldner mit deren Widerruf rechnen, wenn er sich während der Wohlverhaltensphase grob unredlich verhalten hat. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass er seine Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und die Befriedigung seiner Insolvenzgläubiger dadurch erheblich beeinträchtigt hat, so widerruft das Gericht den Schuldenerlass auf Antrag des Insolvenzgläubigers.
Allerdings muss der Gläubiger seinen Antrag binnen eines Jahres nach Rechtskraft stellen und glaubhaft darlegen, dass die benannten Voraussetzungen gegeben sind und dass er vor der Rechtskraft keine Kenntnis davon hatte. Bevor das Gericht über den Widerruf entscheidet, hört es den Schuldner und den Insolvenzverwalter an.
Wie geht es weiter nach der Restschuldbefreiung?
Nach dem erteilten Schuldenerlass ist der Schuldner schuldenfrei – vorausgesetzt, er hat nach der Insolvenzeröffnung keine neuen Schulden gemacht.
Die Insolvenz ist nach der Restschuldbefreiung beendet, sodass der Schuldner kein Arbeitseinkommen mehr abtreten muss. Auch die Obliegenheiten entfallen damit.
Gegebenenfalls gestundete Verfahrenskosten muss der Schuldner nun zurückzahlen, sofern die Stundung nicht verlängert wird.
Der Schuldner muss sich außerdem noch gedulden, bis er wieder vollständig problemlos am Wirtschaftsleben teilnehmen kann. Denn die Restschuldbefreiung wird von der SCHUFA für drei Jahre gespeichert, sodass der Schuldner eine eher schlechte Bonität hat. Das hat unter anderem zur Folge, dass Verbraucher keinen Kredit nach der Restschuldbefreiung erhalten und auch Schwierigkeiten haben, anderweitige wichtige Verträge – zum Beispiel mit einem neuen Vermieter – abzuschließen.