Ablauf beim Privatinsolvenzverfahren: Das Wichtigste in Kürze
Während der Privatinsolvenz müssen Sie Ihren pfändbaren Einkommensanteil an den Treuhänder abtreten. Das Geld dient dem Schuldenabbau. Nach drei Jahren erteilt Ihnen das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung.
Die Privatinsolvenz beginnt vom Ablauf her mit dem außergerichtlichen Einigungsversuch. Wie es danach weitergeht, lesen Sie hier.
Die Wohlverhaltensphase dauert drei Jahre. Sie beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Inhaltsverzeichnis
Wie läuft ein privates Insolvenzverfahren ab?
Der für die Privatinsolvenz vorgesehene Ablauf besteht aus folgenden sechs Schritten:
- Außergerichtlicher Einigungsversuch
- Insolvenzantrag
- Gerichtlicher Einigungsversuch
- Eröffnung der Verbraucherinsolvenz
- Dreijährige Wohlverhaltensphase
- Restschuldbefreiung
Gelingt es Ihnen, sich mit Ihren Gläubigern außergerichtlich zu einigen, dann ersparen Sie sich die übrigen Schritte – und damit auch die Verfahrenskosten, die bei einer Privatinsolvenz anfallen.
Suchen Sie sich rechtzeitig Hilfe bei einer Schuldnerberatung oder einem Rechtsanwalt, wenn Sie in einer finanziellen Notlage stecken. Ihr Berater hilft Ihnen, einen Überblick über Ihre Schulden zu gewinnen und mit Ihren Gläubigern über die Schuldentilgung zu verhandeln. Beantragen Sie nur dann die Verbraucherinsolvenz, wenn es keinen anderen Ausweg gibt.
Übersicht: Ablauf der Privatinsolvenz grafisch dargestellt
Außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern
Das Besondere an dem für die Privatinsolvenz vorgeschriebenen Ablauf ist der außergerichtliche Einigungsversuch mit allen Gläubigern, den Sie unternehmen müssen, bevor Sie einen Insolvenzantrag stellen.
Lassen Sie sich dabei von einem Schuldnerberater oder Anwalt unterstützen. Er kontaktiert alle Gläubiger und erläutert ihnen Ihre finanzielle Notlage. Außerdem legt er Ihren Gläubigern einen Schuldenbereinigungsplan vor.
In diesem Plan ist genau aufgeschlüsselt, welchen Anteil Ihrer Schulden Sie überhaupt bezahlen können und wie Sie das machen wollen, ob beispielsweise in Raten oder als Einmalzahlung.
- Lehnt auch nur ein einziger Gläubiger den Plan ab, ist die außergerichtliche Schuldenbereinigung gescheitert. Lassen Sie sich den gescheiterten Einigungsversuch von einem anerkannten Schuldenberater oder Rechtsanwalt bescheinigen. Anschließend stellen Sie mit diesem Nachweis stellen den Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz. Der weitere Ablauf folgt dann einem festen Schema.
- Der Einigungsversuch ist erfolgreich, wenn alle Gläubiger zustimmen. In diesem Fall wird keine Privatinsolvenz eröffnet. Sie müssen dann die Vereinbarungen aus dem Schuldenbereinigungsplan umsetzen, bis alle Gläubiger befriedigt sind. Danach sind Sie schuldenfrei.
Eine erfolgreiche außergerichtliche Einigung ist für Sie die günstigere Variante, wie Sie sich dann die Kosten des Insolvenzverfahrens sparen. Allerdings gelingt sie auch nicht so oft, weil die Gläubiger nur ungern auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.
Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz
Erst jetzt stellen Sie beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz. Denn der Ablauf dieses Insolvenzverfahrens sieht zwingend einen gescheiterten außergerichtlichen Einigungsversuch voraus – und einen entsprechenden Nachweis darüber.
Als Insolvenzgericht zuständig ist das Amtsgericht am Wohnort des Schuldners. Viele Gerichte stellen auf ihren Internetportalen das entsprechende Antragsformular bereits zur Verfügung.
Das Formular ist vollständig auszufüllen und die Anlagen sind wie gefordert beizulegen. Das sind unter anderem:
- Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs
- der für die außergerichtliche Einigung erstellte Schuldenbereinigungsplan
- Vermögensverzeichnis und Vermögensübersicht
- Gläubiger- und Forderungsverzeichnis
- Versicherung, dass aller Angaben vollständig und richtig sind
- Antrag auf Restschuldbefreiung (kann direkt im Antrag zur Privatinsolenz gestellt werden)
- gegebenenfalls Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten, falls der Schuldner diese nicht sofort aufbringen kann
Eher selten: Der gerichtliche Einigungsversuch
Auch jetzt eröffnet das Gericht das Verfahren noch nicht unbedingt. Stattdessen prüft es erst, wie erfolgversprechend ein erneuter Einigungsversuch mit den Gläubigern ist. Diese Phase der Privatinsolvenz ist im Ablauf zwar gesetzlich vorgesehen. Das Gericht kann diesen Schritt aber überspringen, wenn keine hinreichenden Erfolgsaussichten auf eine Einigung bestehen.
Grundlage der Einigung ist wieder der Schuldenbereinigungsplan, dem mindestens fünfzig Prozent der Gläubiger zustimmen müssten, um angenommen zu werden. Ist dies der Fall, müssen Sie dem Plan folgen, bis die vereinbarten Forderungen erfüllt sind. Danach sind Sie schuldenfrei.
Weil die Gläubiger gewöhnlich schon der außergerichtlichen Einigung eher ablehnend gegenüberstanden, verzichtet das Insolvenzgericht gewöhnlich auf einen weiteren Einigungsversuch.
Insolvenzeröffnung und Wohlverhaltensphase
Das Insolvenzgericht prüft nun den Insolvenzantrag. Es eröffnet die Verbraucherinsolvenz nur, …
- wenn Sie tatsächlich zahlungsunfähig sind oder wenn Ihnen die Zahlungsunfähigkeit droht und
- wenn die Kosten des Verfahrens gedeckt sind bzw. wenn Sie erfolgreich einen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten gestellt haben.
Liegen diese Voraussetzungen vor, so eröffnet das Gericht die Privatinsolvenz. Im Ablauf beginnt damit auch die dreijährige Wohlverhaltensphase für den Schuldner.
Das Insolvenzgericht ernennt in seinem Eröffnungsbeschluss einen Insolvenzverwalter, der das pfändbare Vermögen des Schuldners verwaltet und verwertet und den Erlös gleichmäßig auf die Gläubiger verteilt. Diese Insolvenzmasse umfasst alle Vermögenswerte, die bei einer Zwangsvollstreckung pfändbar wären.
In aller Regel wird dieses Vermögen nicht ausreichen, um die Schulden zu tilgen. Deshalb müssen Sie Ihr pfändbares Arbeitseinkommen für drei Jahre an den Treuhänder abtreten, der das Geld an die Gläubiger weiterleitet.
Diese Abtretungsfrist von drei Jahren ist nichts anderes als die Wohlverhaltensphase – eine sehr wichtige Phase in dem für Privatinsolvenz festgelegten Ablauf.
In dieser Zeit müssen Sie einigen Obliegenheiten nachkommen:
- Sie sind verpflichtet, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen oder sich ernsthaft um eine zu bemühen. Sie dürfen keine zumutbare Arbeitsstelle ablehnen.
- Änderungen der wohnlichen oder beruflichen Situation, der Vermögenssituation und der Einkünfte müssen Sie dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht umgehend mitteilen.
- Fällt Ihnen während der Wohlverhaltensphase ein Erbe oder eine Schenkung zu, geht dieses neu erworbene Vermögen zur Hälfte an den Treuhänder. Dies gilt nicht für „gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke“.
- Lotteriegewinne und Gewinne aus anderen Spielen sind vollständig an den Treuhänder herauszugeben. Geringwertige Gewinne sind hiervon ausgenommen.
Restschuldbefreiung als letzter Schritt im Ablauf einer Privatinsolvenz
Drei Jahre nach der Insolvenzeröffnung folgt der letzte Schritt in dem für Privatinsolvenz festgelegten Ablauf. Nun entscheidet das Insolvenzgericht darüber, ob es die Restschuldbefreiung tatsächlich erteilt.
Wenn Sie die oben genannten Obliegenheiten während der Wohlverhaltensphase nicht erfüllt haben, versagt Ihnen das Gericht die Restschuldbefreiung, wenn ein Insolvenzgläubiger dies beantragt.
Haben Sie sich aber nichts zuschulden kommen lassen, wird Ihnen die Restschuldbefreiung gewährt. Die Verbraucherinsolvenz ist damit offiziell abgeschlossen und Sie sind wieder schuldenfrei.
Übrigens: Wenn Sie nach dem 30.09.2020 Ihre Privatinsolvenz angemeldet haben, erhalten Sie die Restschuldbefreiung nach drei Jahren – unabhängig davon, welche Quote Ihrer Schulden Sie beglichen haben. Auch die Verfahrenskosten müssen Sie dafür noch nicht bezahlt haben.
Wie lange dauert eine Privatinsolvenz?
Gesetzlich geregelt ist nur der für die Privatinsolvenz vorgesehene zeitliche Ablauf – sprich die Dauer der Wohlverhaltensphase. Sie beträgt im Normalfall drei Jahre, bei einer erneuten Verbraucherinsolvenz jedoch fünf Jahre. Diese Regelung ist noch relativ neu und gilt nur für Insolvenzanträge, die nach dem 30.9.2020 gestellt wurden.
Für Schuldner, die zwischen dem 17.12.2019 und dem 30.09.2020 Privatinsolvenz beantragt haben, gilt eine Übergangsregelung. Für sie verkürzt sich die ursprünglich sechsjährige Wohlverhaltensphase stufenweise, je nachdem, wann sie ihren Antrag gestellt haben.
Wie viel Zeit vom außergerichtlichen Einigungsversuch bis zur Insolvenzeröffnung vergeht, lässt sich nicht pauschal sagen. Dies hängt sehr von den jeweiligen Umständen ab, vor allem der Anzahl der Gläubiger und dem Einkommen und Vermögen, das dem Schuldner zum Schuldenabbau zur Verfügung steht.
Unterschiede zur Regelinsolvenz im Vergleich zum Ablauf der Privatinsolvenz
Für zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmen sieht die Insolvenzordnung die Regelinsolvenz vor. Dieses Verfahren unterscheidet sich von der Privatinsolvenz. Insbesondere der Ablauf ist anders geregelt.
Privatinsolvenz | Regelinsolvenz | |
---|---|---|
Antragsberechtigung | Verbraucher; ehemalige Selbstständige mit überschaubaren Vermögensverhältnissen | Selbstständige, Freiberufler, Unternehmen |
Antragspflicht | Nein | Ja, für Unternehmen mit bestimmten Rechtsformen (z. B. GmbH) |
Eröffnungsgründe | (Drohende) Zahlungsunfähigkeit | (Drohende) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung |
Besondere Voraussetzungen | Gescheiterter außergerichtlicher Einigungsversuch | Kein außergerichtlicher Einigungsversuch erforderlich |
gerichtlicher Einigungsversuch | ja (optional) | nein |
Wohlverhaltensphase | Ja (drei Jahre) | Nur für natürliche Personen |
Restschuldbefreiung | Ja | Nur für natürliche Personen, nicht für Unternehmen |
Hallo ich bin seit April 2018 im Privatinsolvenz. Ab wann gilt für mich Restschuldbefreiung. Muss ich bei Schuldnerberatung beantragen oder wie geht es das?
Liebe Grüße
Abah