Insolvenzordnung: Das Wichtigste in Kürze
Die Insolvenzordnung (InsO) als wesentlicher Bestandteil des Insolvenzrechts regelt das Insolvenzverfahren zur gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger sowie die Rechte und Pflichten der Verfahrensbeteiligten.
Die InsO sieht folgende Verfahren vor: die Privatinsolvenz, die Regelinsolvenz und das Nachlassinsolvenzverfahren.
Laut § 1 InsO sollen zum einen die Gläubiger des Schuldners gemeinschaftlich aus dem Schuldnervermögen (der Insolvenzmasse) befriedigt werden. Zum anderen erhält der Schuldner die Chance, sich durch eine Restschuldbefreiung von all seinen Schulden zu befreien.
Inhaltsverzeichnis
Die aktuelle Insolvenzordnung: Ziele des Insolvenzrechts
Die Insolvenzordnung (InsO) trat erst 1999 in Kraft. Davor galt die Konkursordnung, die ein uneingeschränktes Nachforderungsrecht für die Gläubiger vorsah. Sie durften nach dem Insolvenzverfahren weiterhin gegen ihren Schuldner vorgehen, wenn ihre Forderungen nicht im Verfahren befriedigt wurden. Viele Schuldner konnten deshalb keine neue, schuldenfreie Existenz aufbauen und mussten jederzeit neue Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ihrer Gläubiger fürchten.
Diese Praxis stand bereits in den 1980ern unter Kritik. Später vertrat der Gesetzgeber die Ansicht, dass auch hoffnungslos verschuldete Menschen eine Zukunftsperspektive ohne Schulden haben sollen – ein Gedanke, der schon im ersten Paragraphen der Insolvenzordnung zum Tragen.
Heute bezweckt die InsO neben der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger die Restschuldbefreiung für redliche Schuldner und deren Aussicht auf ein neues, schuldenfreies Leben.
Nach erfolgreichem Verfahrensabschluss können Gläubiger ihre restlichen Forderungen nicht mehr geltend machen, wenn das Insolvenzgericht diese Befreiung erteilt. Allerdings werden nur natürlichen Personen von ihren restlichen Schulden befreit, nicht jedoch z. B. Unternehmen.
- Außerdem sorgt die InsO für rechtliche Ordnung, genauer für einen geordneten Ablauf des Insolvenzverfahrens. So müssen die Interessen des Schuldners angemessen berücksichtigt werden, beispielsweise durch die Sicherung eines Existenzminimums durch Pfändungsfreigrenzen.
- Darüber hinaus verhindert die Insolvenzordnung, dass einzelne Gläubiger leer ausgehen, während andere komplett befriedigt werden, z. B., indem sie es dem Schuldner verbietet, an einzelne Gläubiger zu zahlen.
Sie können die Insolvenzordnung übrigens online einsehen. Dort ist die InsO als vollständiger Text nachlesbar.
Überblick über den Inhalt der Insolvenzordnung
Die in der Insolvenzordnung geregelte Gesamtvollstreckung dient der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger. Hierfür verwertet der Insolvenzverwalter das gesamte pfändbare Schuldnervermögen und verteilt den Erlös quotenmäßig an alle Gläubiger.
Wichtigstes Instrument hierfür ist das Insolvenzverfahren, dessen Ablauf gesetzlich genau geregelt ist.
Die Insolvenzordnung unterscheidet drei Insolvenzverfahren:
- Regelinsolvenz für juristische Personen (z. B. GmbH, Aktiengesellschaft), Unternehmen und Selbstständige
- Verbraucherinsolvenz (Privatinsolvenz) für natürliche, also private Personen
- Nachlassinsolvenzverfahren über das Vermögen eines überschuldeten Verstorbenen
Voraussetzung für die Verfahrenseröffnung ist das Vorliegen eines Insolvenz- bzw. Eröffnungsgrundes, der sogenannten Insolvenz:
Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass der Schuldner seine fälligen Zahlungsverbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn er seine Zahlungen einstellt.
Die drohende Zahlungsunfähigkeit verlangt eine Prognose über die künftige Zahlungsfähigkeit. Kann der Schuldner seine Verbindlichkeiten zur Zeit ihrer Fälligkeit voraussichtlich nicht erfüllen, so ist dieser Insolvenzgrund gegeben.
Für juristische Personen sieht die Insolvenzordnung die Überschuldung als weiteren Eröffnungsgrund vor. Hier deckt das Vermögen des Schuldners dessen Zahlungspflichten nicht mehr.
Ohne Insolvenzantrag gibt es kein Insolvenzverfahren. Laut Insolvenzordnung wird das Verfahren nicht automatisch bzw. von Amts wegen eröffnet. Es bedarf immer eines Eröffnungsantrags.
Insolvenzmasse: Das Schuldnervermögen im Insolvenzverfahren
Im Insolvenzverfahren wird das gesamte pfändbare Schuldnervermögen zur Gläubigerbefriedigung herangezogen. Die Insolvenzordnung spricht in diesem Zusammenhang von der Insolvenzmasse und definiert diesen Begriff in § 35 Abs. 1 wie folgt:
„Das Insolvenzverfahren erfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).“
Genau wie bei der Einzelzwangsvollstreckung so muss dem Schuldner auch in der Insolvenz ein bestimmtes Existenzminimum für seinen Lebensunterhalt verbleiben. Gegenstände, die für eine bescheidene Lebensführung erforderlich sind (z. B. Möbel, Waschmaschine und Kleidung) sind genauso wenig pfändbar wie der Pfändungsfreibetrag bei seinem Arbeitseinkommen.
Was pfändbar ist und was nicht, regelt übrigens die Zivilprozessordnung (ZPO) und nicht die Insolvenzordnung.
Die Verfahrensbeteiligten in der Privatinsolvenz
Bei jedem Insolvenzverfahren sind verschiedene Parteien involviert, und zwar:
- insolventer Schuldner
- Gläubiger (Massegläubiger und Insolvenzgläubiger)
- Insolvenzgericht
- Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder
Die Aufgaben des Insolvenzgerichts beschränken sich laut Insolvenzordnung überwiegend auf die Verfahrensleitung. Hierzu gehören unter anderem:
- Eröffnung, Einstellung und Aufhebung des Verfahrens
- Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
- Einberufung und Leitung der Gläubigerversammlung
- Entscheidung über die Restschuldbefreiung
Die Hauptaufgabe des Insolvenzverwalters liegt in der Ermittlung, Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse. Außerdem verteilt er den daraus erzielten Erlös an die Gläubiger.
Rechtliche Stellung des Insolvenzschuldners in der Verbraucherinsolvenz
Überschuldete Verbraucher können die Privat- bzw. Verbraucherinsolvenz durchlaufen und auf diesem Wege die Restschuldbefreiung erlangen, wenn sie während des Verfahrens und der Wohlverhaltensphase bestimmte Regeln einhalten. Weil dieser Schuldenerlass mit einem Verlust der Gläubiger einhergeht, ist er nach der Insolvenzordnung an bestimmte Bedingungen geknüpft, zum Beispiel:
- Die wohl wichtigste Pflicht ist die Erwerbsobliegenheit. Der Insolvenzschuldner muss einer angemessenen Arbeit nachgehen oder sich eine solche suchen. Mit dem pfändbaren Anteil seines Gehalts sollen die Forderungen der Gläubiger so weit wie möglich getilgt werden.
- Der Schuldner muss den pfändbaren Anteil seines Einkommens an den Insolvenzverwalter abtreten.
- Er darf nicht an einzelnen Gläubiger zahlen, weil dies die Insolvenzmasse schmälern und die anderen Gläubiger benachteiligen würde.
- Er ist verpflichtet, das Insolvenzgericht und den Insolvenzverwalter umgehend über Änderungen über seine Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu informieren.
Laut § 302 der Insolvenzordnung wird ein Bußgeld ebenso wenig von der Restschuldbefreiung umfasst wie eine Geldstrafe oder Ansprüche aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Diese Verbindlichkeiten bleiben nach erteiltem Schuldenerlass weiterhin bestehen und müssen vom Schuldner bezahlt werden.
Gläubiger ist nicht gleich Gläubiger – feine Unterschiede in der Insolvenzordnung
Während der Privatinsolvenz soll der Verbraucher seine Schulden auf geregeltem Wege möglichst weitreichend abbauen.
Diejenigen Gläubiger, die vor Insolvenzeröffnung einen Zahlungsanspruch gegen den Schuldner haben, bezeichnet die Insolvenzordnung als Insolvenzgläubiger. Zur Befriedigung ihrer Geldforderungen wird das Insolvenzverfahren durchgeführt.
Von ihnen zu unterscheiden sind die Massegläubiger:
- Ihre Forderungen sind erst nach Eröffnung des Verfahrens bzw. infolge dessen entstanden.
- Diese sogenannten Masseverbindlichkeiten sind vorrangig aus der Insolvenzmasse zu begleichen. Hierzu gehören unter anderem die Gerichtskosten sowie die Vergütung des Insolvenzverwalters.
- Die Massegläubiger haben den Insolvenzgläubigern gegenüber eine privilegierte Stellung.
Wenn also die Insolvenzordnung von einer gleichmäßigen Befriedigung spricht und damit von einer Gläubigergleichberechtigung, dann gilt dieser Grundsatz nur innerhalb der jeweiligen Rangfolge.
Neben den Insolvenz- und den Massegläubigern gibt es außerdem die aussonderungs- und absonderungsberechtigten Gläubiger. Sie nehmen nicht wirklich am Verfahren teil, genießen aber dennoch eine Sonderstellung:
- Aussonderungsberechtigt sind z. B. Eigentümer von Gegenständen, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden. Deren Sachen gehören nicht zur Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter muss ihr Eigentum herausgeben und darf es nicht verwerten.
- Ein Absonderungsrecht ist zum Beispiel ein Pfandrecht an einer Sache, die dem Schuldner gehört. Dieser Gegenstand verbleibt in der Insolvenzmasse. Allerdings kommt die Verwertung vorrangig dem Absonderungsberechtigten zu.
Inhaber von Ansprüchen gegenüber dem Insolvenzschuldner werden daher nach der Insolvenzordnung in folgender Reihenfolge befriedigt:
- Aussonderungs- und Absonderungsberechtigte
- Massegläubiger
- Insolvenzgläubiger
Im Insolvenzrecht werden die Forderungen der Insolvenzgläubiger auch Insolvenzforderungen genannt. Die Insolvenzordnung regelt die Verjährung dieser Forderungen jedoch nicht. Stattdessen besagt § 204 Abs. 1 Nr. 10 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), dass die Anmeldung einer Forderung im Insolvenzverfahren die Verjährung hemmt.