Im Überblick: Gläubigerversammlung
Die Gläubigerversammlung kann wichtige Entscheidungen in Bezug auf das Insolvenzverfahren treffen, um die Interessen der Gläubiger durchzusetzen. So kann sie beispielsweise entscheiden, ob ein insolventes Unternehmen fortgeführt oder veräußert werden soll.
Nein. Der Gläubigerausschuss wird von der Gläubigerversammlung gewählt und hat umfangreichere Befugnisse, um auch bei komplexen Sachverhalten möglichst schnell eine Entscheidung treffen zu können.
Nein. Die Gläubiger sind nicht verpflichtet, der Gläubigerversammlung beizuwohnen. Die dort getroffenen Beschlüsse sind für sie allerdings trotzdem verbindlich.
Inhaltsverzeichnis
Insolvenzverfahren: Die Gläubigerversammlung vertritt die Interessen der Gläubiger
Ein Insolvenzverfahren verfolgt unter anderem das Ziel, die verschiedenen Gläubiger des Schuldners möglichst gleichmäßig zu befriedigen, damit jeder von ihnen wenigstens einen Teil seiner Forderungen erhält. Für die Gläubiger bedeutet ein Insolvenzverfahren fast immer wirtschaftliche Verluste. Um diese Ungerechtigkeit ein Stück weit auszugleichen, räumt ihnen das Gesetz umfangreiche Möglichkeiten ein, das Insolvenzverfahren zu beeinflussen. Eines dieser Mittel ist die Gläubigerversammlung.
Es handelt sich dabei um ein Gremium, dessen Aufgabe es ist, die Interessen der Gläubigergemeinschaft sowohl gegenüber dem Schuldner als auch dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter durchzusetzen.
Wer ist bei der Gläubigerversammlung zur Teilnahme berechtigt?
Folgende Personen bzw. Personengruppen dürfen gemäß § 74 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) an der Gläubigerversammlung teilnehmen:
- der Insolvenzschuldner
- der Insolvenzverwalter
- die absonderungsberechtigten Gläubiger
- die Insolvenzgläubiger
- die Mitglieder des Gläubigerausschusses
Für die Gläubiger selbst besteht bei der Gläubigerversammlung keine Anwesenheitspflicht. Doch selbst wenn sie der Versammlung fernbleiben, müssen sie sich an die dort getroffenen Beschlüsse halten, da diese für sämtliche Gläubiger bindend sind. Es ist deshalb jedem Gläubiger anzuraten, während der Insolvenz der Gläubigerversammlung beizuwohnen, um bei den Entscheidungen mitdiskutieren zu können.
Für den Insolvenzverwalter wiederum besteht zumindest für die erste Gläubigerversammlung direkt nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anwesenheitspflicht. Denn dabei handelt es sich um den Berichtstermin, bei dem die Gläubiger über die finanzielle Situation des Insolvenzschuldners und die voraussichtliche Insolvenzquote informiert werden. Dies wäre ohne den (vorläufigen) Insolvenzverwalter gar nicht möglich.
Dann kommt die Gläubigerversammlung zusammen
Es gibt drei feste Termine, zu denen die Gläubigerversammlung vom Insolvenzgericht einberufen wird:
- der Berichtstermin direkt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- der Prüfungstermin, bei dem der Insolvenzverwalter nach sorgfältiger Prüfung die angemeldeten Forderungen gegenüber dem Insolvenzgericht angibt (in der Regel bleiben die Gläubiger diesem Termin fern, da sie ohnehin über das Ergebnis der Prüfung informiert werden)
- der Schlusstermin
Auf Antrag kann das Gericht die Gläubigerversammlung zu weiteren Terminen einberufen. Ein solcher kann gemäß § 75 Abs. 1 InsO von folgenden Personen bzw. Personengruppen gestellt werden:
- vom Insolvenzverwalter
- vom Gläubigerausschuss
- von mindestens fünf absonderungsberechtigten Gläubigern oder nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern, wenn deren Absonderungsrechte und Forderungen zusammen mindestens ein Fünftel der gesamten Absonderungsrechte und Forderungen aller nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger ausmachen
- von einem oder mehreren absonderungsberechtigten Gläubigern oder nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern, wenn deren Absonderungsrechte und Forderungen zusammen mindestens zwei Fünftel der gesamten Absonderungsrechte und Forderungen aller nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger ausmachen
Gläubigerversammlung: Ablauf und Aufgaben
Aber was genau macht die Gläubigerversammlung nun eigentlich? Bei dem Berichtstermin hört sie sich zunächst den Bericht des Insolvenzverwalters an. Anschließend treffen die Mitglieder auf Grundlage dieses Berichts Entscheidungen über den weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens, wie z. B.:
- Was soll zukünftig mit dem insolventen Unternehmen geschehen? (Fortführung, Veräußerung, Stilllegung?)
- Ist die Gläubigerversammlung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter einverstanden oder soll sie einen neuen bestimmen?
- Soll die Insolvenzmasse auf andere Weise verwertet werden als vom Insolvenzverwalter vorgesehen?
- Welches Ziel soll der Insolvenzplan des Insolvenzverwalters verfolgen?
Handelt es sich um ein besonders umfangreiches Insolvenzverfahren, wählt die Gläubigerversammlung beim Berichtstermin außerdem den Gläubigerausschuss. Dieser unterstützt und überwacht den Insolvenzverwalter in seiner Funktion als Verwalter des insolventen Unternehmens und kann wesentlich schnellere und flexiblere Entscheidungen treffen als die Gläubigerversammlung.
Jene hat wiederum noch ein Entscheidungsrecht über bedeutsame Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters wie etwa die Erhebung einer Klage.
So trifft die Gläubigerversammlung ihre Beschlüsse
Damit ein Gläubiger bei der Gläubigerversammlung ein Stimmrecht hat, muss er absonderungsberechtigt oder nicht nachrangig sein bzw. darf seine Forderung nicht bestritten werden. Nicht jede Gläubigerstimme hat gleich viel Gewicht. Stattdessen richtet sich dieses nach der Höhe der Forderungen des Gläubigers im Vergleich zur Gesamtsumme aller berechtigten Forderungen.
Damit die Gläubigerversammlung beschlussfähig ist, muss die Gesamtsumme der Forderungen jener Gläubiger, die dem Beschluss zustimmen, mehr als die Hälfte der Summe sämtlicher Forderungen der abstimmenden Gläubiger betragen.
Dies bedeutet: Selbst wenn nur vier Gläubiger dem Beschluss zustimmen und sechs sich dagegen aussprechen, kann der Beschluss zustande kommen, wenn die Forderungen der zustimmenden Vier über fünfzig Prozent der Gesamtsumme ausmachen.