Im Überblick: Bankrott als Straftat
Nein, die reine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ist nicht strafbar, auch dann nicht, wenn der Schuldner aufgrund eigener Fehler in der Schuldenfalle landet. Dennoch stellt der Gesetzgeber gewisse schädigende Verhaltensweisen als Insolvenzstraftaten unter Strafe.
Wer in einer wirtschaftlichen Krise bestimmte Handlungen vornimmt, um seinen Vermögensstand zu verschleiern oder zu verringern, begeht einen Bankrott laut Strafgesetzbuch (StGB). § 283 stellt außerdem das vorsätzliche Herbeiführen der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unter Strafe.
Vorsätzlicher Bankrott wird mit Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen drohen laut § 283a StGB sogar bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Inhaltsverzeichnis
Handlungen während des Bankrotts: Wenn der Schuldner sich begünstigt und andere benachteiligt
Normalerweise beschreibt das Wörtchen „bankrott“ die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Person. Das ist nichts Verwerfliches und schon gar nicht strafbar. Schließlich kann jeder in eine solch missliche Lage geraten – ein böser Wink des Schicksals genügt oft schon.
Führt allerdings jemand seine Pleite wissentlich bzw. absichtlich herbei oder begeht er während seiner Zahlungsunfähigkeit vorsätzlich bestimmte Handlungen, dann macht er sich strafbar. Wenn genau ein strafbarer Bankrott vorliegt, regelt § 283 Strafgesetzbuch (StGB).
Paragraph 283 Abs. 1 StGB und die lange Liste der Bankrottdelikte
Der Straftatbestand zum Bankrott ist sehr lang und umfasst verschiedene Handlungen, die der Schuldner bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung begeht:
- Nr. 1: Der Schuldner entzieht der Insolvenzmasse bestimmte Vermögensbestandteile, indem er sie beiseiteschafft, verheimlicht, zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht.
- Nr. 2: Stellt sogenannte Spekulations- und Verlustgeschäfte sowie Differenzgeschäfte unter Strafe. Bei ihnen handelt es sich um besonders riskante und unwirtschaftliche Geschäfte. Bei Spekulationen besteht immer ein hohes Verlustrisiko, während Verlustgeschäfte grundsätzlich zu einer Vermögensminderung führen.
- Nr. 3: Als Bankrott gilt auch, wenn der Schuldner Waren oder Wertpapiere auf Kredit kauft, sie also nicht sofort bezahlt. Anschließend veräußert er sie deutlich unter ihrem Wert oder tauscht sie.
- Nr. 4: Hier täuscht der Schuldner vor, dass ein Dritter Rechte besitzt, oder er erkennt erfundene Rechte an.
- Nr. 5: Der Schuldner führt seine Handelsbücher nicht ordnungsgemäß, sodass keine klare Übersicht über seinen Vermögensstand mehr besteht. Täter ist hier ein Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs. Jeder Kaufmann muss Handelsbücher führen und darin seine Handelsgeschäfte und sein Vermögen erfassen.
- Nr. 6: Auch diese Form von Bankrott hat mit Handelsbüchern zu tun. Dieser Tatbestand stellt das Beiseiteschaffen, Verheimlichen, Zerstören und Beschädigen unter Strafe. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass Schuldner ihre Vermögenslage verschleiern oder einen Überblick hierüber erschweren bzw. ganz unmöglich machen.
- Nr. 7: Bezieht sich nochmals auf das Handelsrecht und die Pflicht, Bilanzen zu führen. Demnach begeht jener Schuldner einen strafbaren Bankrott, der Bilanzen in einer Weise aufstellt, dass die Übersicht über seine Vermögensverhältnisse erschwert wird. Strafbar macht sich auch derjenige, der Vermögensbilanzen oder das Inventar nicht in der vorgeschriebenen Zeit erstellt.
- Nr. 8: Stellt einen Auffangtatbestand dar. Er umfasst alle anderen Handlungen, mit denen ein Schuldner seine Vermögens- und Wirtschaftsverhältnisse verschleiert oder verheimlicht. Hierunter fallen also all jene Taten, die nicht schon durch die Nr. 1 bis 7 abgedeckt sind.
Laut § 283 Abs. 2 StGB gilt auch das vorsätzliche Herbeiführen der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit durch eine der soeben aufgelisteten Taten als Bankrott. Dies ist ein eigenständiger Tatbestand. Der Unterschied zwischen den Absätzen 1 und 2 liegt im Zeitpunkt der Tathandlung. In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 bis 7 befindet sich der Täter bereits in einer finanziellen Krise und begeht in dieser Situation eine strafbare Handlung. Im Falle des zweiten Absatzes führt der Täter seine wirtschaftliche Notlage selbst herbei.
Strafbar ist nur vorsätzlicher Bankrott
Um Missverständnisse zu vermeiden: Schuldner, die beispielsweise nicht richtig mit Geld umgehen (können) und dadurch in der Schuldenfalle landen, sind nicht per se Straftäter. Auch Menschen, die gerade ein Insolvenzverfahren durchlaufen, müssen nicht befürchten, dass sie jeden Moment wegen Bankrotts vor dem Strafgericht landen.
Denn strafbar sind nur Handlungen, die ein Schuldner vorsätzlich begeht. Er muss also sein strafbares Verhalten zumindest billigend in Kauf nehmen. Außerdem muss sich sein Vorsatz auch auf seine finanzielle Krise (seinen Bankrott) beziehen.
Das heißt: Im Falle des § 283 Abs. 1 StGB ist ihm zumindest bewusst, dass er überschuldet oder zahlungsfähig ist oder dass er zahlungsunfähig zu werden droht.
Im Falle des § 283 Abs. 2 StGB muss er sich auf jeden Fall darüber im Klaren sein, dass er die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung durch seine Tat herbeiführt.
Strafrahmen und besonders schwerer Bankrott
Der Strafrahmen für einen Bankrott nach § 283 Abs. 1 oder 2 StGB liegt bei einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
Wie hoch die Strafe im Einzelfall ausfällt, hängt immer von den jeweiligen Umständen ab. Bei der Strafzumessung werden die Strafrichter unter anderem folgende Aspekte berücksichtigen:
- die jeweilige Tathandlung
- den entstandenen Schaden
- die kriminelle Energie des Schuldners, die bei der Tat zum Vorschein kam
- mögliche Vorstrafen des Schuldners
In besonders schweren Fällen kann ein Bankrott aber auch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden. Dies ergibt sich aus § 283a StGB, der wiederum in zwei Tatbestände unterteilt ist:
- Abs. 1: Der Täter handelt aus Gewinnsucht und versucht, seine wirtschaftlichen Interessen auf besonders verwerfliche und rücksichtslose Art durchzusetzen.
- Abs. 2: Er „bringt viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer ihm anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not.“