Aussonderungsrecht: Das Wichtigste in Kürze
Ein aussonderungsberechtigter Gläubiger kann sich darauf berufen, dass ein im Gewahrsam des Schuldners befindlicher Gegenstand ihm gehört.
Der Gläubiger hat ein Recht auf Herausgabe des betroffenen Gegenstands gegenüber dem Insolvenzverwalter, weil dieser nicht zur Insolvenzmasse gehört. Er darf die Sache deshalb nicht verwerten.
Aussonderungsberechtigt sind beispielsweise Eigentümer, deren Sachen sich im Besitz bzw. Gewahrsam des insolventen Schuldners befinden. Dazu gehört etwa der Autohändler, der ein Fahrzeug unter Eigentumsvorbehalt an den Schuldner verkauft hat. Letzterer erwirbt erst dann Eigentum am Auto, wenn er den Kaufpreis vollständig beglichen hat. Näheres lesen Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung vom Aussonderungsrecht im Insolvenzverfahren
Eröffnet das Gericht ein Insolvenzverfahren, so bestimmt es in seinem Eröffnungsbeschluss gleichzeitig einen Insolvenzverwalter, der von nun an das Vermögen des Schuldners verwaltet, verwertet und den Erlös hieraus an die Gläubiger verteilt. § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) bezeichnet das gesamte Vermögen, welches dem Schuldner zur Zeit der Verfahrenseröffnung gehörte und welches er während des Verfahrens erwirbt, als Insolvenzmasse.
Und genau bei dieser Formulierung „das dem Schuldner … gehört“ kann es zu rechtlichen Problemen kommen, weil sich unter dem Vermögen Dinge befinden, die dem Schuldner eben nicht gehören. Gegenstände, die im Eigentum eines Dritten stehen, fallen nicht in die Insolvenzmasse. An ihnen besteht ein sogenanntes Aussonderungsrecht, welches in § 47 InsO geregelt ist.
Aussonderung – Herausgabe von Sachen und Rechten aus der Insolvenzmasse
Diejenigen Personen, denen ein Aussonderungsrecht zusteht, haben eine privilegierte Stellung gegenüber den Insolvenzgläubigern.
Sie können die Herausgabe ihrer Sache oder ihres Rechts verlangen, bevor die Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse befriedigt werden, sofern der entsprechende Gegenstand bzw. das Recht individuell bestimmbar ist. Das ist z. B. bei folgenden Ansprüchen der Fall:
- Lieferung von Ware unter Eigentumsvorbehalt
- schuldrechtlicher Herausgabeanspruch, z. B. auf Herausgabe der Mietsache
- dinglicher Herausgabeanspruch des Eigentümers
- Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs
- Erbschaftsansprüche
Aussonderungsberechtigte Gläubiger machen also – anders als die Insolvenzgläubiger – keine Geldforderung geltend, sondern einen Herausgabeanspruch. Sie verlangen also die Aussonderung einer Sache, die nicht zur Insolvenzmasse bzw. zum Schuldnervermögen gehört und sind demnach nicht am Insolvenzverfahren beteiligt.
Ein typisches Fallbeispiel für ein Aussonderungsrecht ist der Kauf unter Eigentumsvorbehalt: Ein Autokäufer finanziert seine Anschaffung über einen Ratenkauf. Normalerweise würde der Verkäufer das Eigentum am Auto in dem Moment verlieren, indem er den Wagen an seinen Käufer übergibt – und zwar unabhängig davon, ob dieser bereits vollständig bezahlt hat. Denn das Gesetz trennt ganz stark zwischen dem schuldrechtlichen Kaufvertrag und der dinglichen Eigentumsübertragung. Juristen nennen dies das Abstraktionsprinzip.
Aus diesem Grund vereinbaren Verkäufer oft einen einfachen Eigentumsvorbehalt und knüpfen die Eigentumsübertragung an eine Bedingung: Danach erwirbt der Käufer erst dann das Eigentum an der Ware, wenn er den Kaufpreis vollständig bezahlt hat. Solange bleibt der Händler Eigentümer.
Im Falle einer Insolvenz kann der Verkäufer aufgrund des Eigentumsvorbehalts sein Aussonderungsrecht – nämlich sein Eigentumsrecht – geltend machen und die Herausgabe der Ware verlangen. Ein Aussonderungsrecht gemäß der InsO muss bereits vor Eröffnung der Insolvenz bestanden haben.
Wie kann ich mein Aussonderungsrecht geltend machen?
Aussonderungsberechtigte Gläubiger müssen die Herausgabe ihrer Sache beim Insolvenzverwalter beantragen und in diesem Zuge nachweisen, dass ihnen der fragliche Gegenstand wirklich zusteht. Sie können dies zum Beispiel mit entsprechenden vertraglichen Unterlagen belegen. Der Aussonderungsberechtigte muss den gewünschten Gegenstand außerdem konkret bezeichnen.
Der Insolvenzverwalter ist dann verpflichtet, die Sache oder das Recht aus der Insolvenzmasse herauszugeben. Er darf sie nicht verwerten. Tut er dies dennoch, kann der Berechtigte nach § 48 InsO eine Gegenleistung verlangen.