Verbraucherinsolvenz: Das Wichtigste in Kürze
Als Verbraucherinsolvenz wird laut Definition ein Insolvenzverfahren bezeichnet, das Verbrauchern (Privatpersonen) ermöglicht, sich von ihren Schulden zu befreien. Verhalten sie sich redlich und fair während des Verfahrens, wird Ihnen nach der Insolvenz die Restschuldbefreiung erteilt.
Es gibt keinen Unterschied, beide Begriffe bezeichnen ein und dasselbe Insolvenzverfahren. Verbraucherinsolvenz ist lediglich die gesetzliche Bezeichnung, Privatinsolvenz die umgangssprachliche.
Für Insolvenzanträge, die am 01.10.2020 oder danach gestellt wurden, ist beim Verbraucherinsolvenzverfahren eine Dauer von drei Jahren vorgesehen. Näheres erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Verbraucherinsolvenz?
Überschuldete Verbraucher, deren Einkommen nicht ausreicht, um alle Verbindlichkeiten zu begleichen, können sich im Verbraucherinsolvenzverfahren von ihren Schulden befreien und finanziell neu beginnen. Das Verfahren dient außerdem dazu, die Gläubiger des Betroffenen gleichmäßig zu befriedigen.
Für Schuldner, die ab dem 01.10.2020 einen Antrag auf Verbraucherinsolvenz gestellt haben, ist es deutlich einfacher, in den Genuss der Restschuldbefreiung zu gelangen:
- Die Dauer der Verbraucherinsolvenz bis zur Restschuldbefreiung beträgt nur noch drei Jahre.
- Der Schuldner muss für diese dreijährige Dauer nicht mehr wie bisher einen bestimmten Anteil der Schulden oder Verfahrenskosten begleichen.
Diese Regelung ist noch vergleichsweise neu. Sie beruht auf einer Reform des Insolvenzrechts, die am 01.01.2021 in Kraft getreten ist. Sie gilt rückwirkend für jeden Verbraucherinsolvenzantrag, der ab dem 01.10.2020 gestellt wurde.
Vor dieser Gesetzesänderung galt für die Verbraucherinsolvenz eine reguläre Dauer von sechs Jahren, die nur unter bestimmten Voraussetzungen auf fünf oder drei Jahre verkürzt werden konnte. Für Verbraucher, die ihre Insolvenz zwischen dem 17.12.2019 und dem 30.09.2020 angemeldet haben, verkürzt sich die sechsjährige Verfahrensdauer monatsweise.
Antragsberechtigung und Eröffnungsgrund
Allerdings steht die Verbraucherinsolvenz nur einem bestimmten Personenkreis offen, und zwar …
- natürlichen Personen, die nicht als Selbstständige tätig sind oder waren sowie
- ehemaligen Selbstständigen mit überschaubaren Vermögensverhältnissen
Überschaubar heißt in diesem Zusammenhang, dass der Schuldner weniger als 20 Gläubiger hat und dass gegen ihn keine offenen Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Verbraucherinsolvenz beantragen darf außerdem nur jemand, der zahlungsunfähig ist oder zahlungsunfähig zu werden droht. Das heißt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten vollständig und pünktlich zu begleichen. Eine besondere Schuldenhöhe setzt das Gesetz hingegen nicht voraus. Nur wenn ein solcher Eröffnungsgrund vorliegt, wird das Insolvenzgericht das Verfahren eröffnen.
Regelinsolvenz oder Verbraucherinsolvenz – was ist besser? Beide Insolvenzverfahren sind gleichermaßen zur Schuldenregulierung geeignet. Allerdings stellt sich die Frage, welches Verfahren besser ist, nicht, weil der Schuldner keine Wahlmöglichkeit hat. Die Insolvenzordnung schreibt genau vor, wer die Regelinsolvenz durchlaufen muss und wer das Verbraucherinsolvenzverfahren.
Verbraucherinsolvenz: Ablauf und Dauer
Der Ablauf vom Verbraucherinsolvenzverfahren ist gesetzlich genau geregelt. Er setzt sich aus folgenden Phasen zusammen:
- außergerichtlicher Versuch der Schuldenregulierung
- Antrag zur Verbraucherinsolvenz
- gerichtlicher Einigungsversuch
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- Wohlverhaltensphase (beginnend mit der Insolvenzeröffnung)
- Restschuldbefreiung
Außergerichtlicher Versuch der Schuldenregulierung und Insolvenzantrag
Bevor ein Verbraucher seinen Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht einreichen kann, muss er versuchen, den Schuldenabbau allein in den Griff zu bekommen, indem er mit seinen Gläubigern darüber verhandelt und versucht, eine Einigung mit ihnen zu erzielen. Nur wenn dieser Versuch misslingt, steht ihm die Verbraucherinsolvenz offen. Dieser außergerichtliche Einigungsversuch funktioniert folgendermaßen:
- Kontaktaufnahme zu einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle oder einem Rechtsanwalt
- Ermittlung und Auflistung aller Gläubiger und Schulden in einem Gläubiger- und Forderungsverzeichnis
- Aufstellen eines Schuldenbereinigungsplans – mithilfe der Schuldnerberatung oder dem Anwalt
- Verhandlung mit allen Gläubigern auf der Basis dieses Schuldenregulierungsplans
- Zustimmung aller Gläubiger zu diesem Plan und anschließender Schuldenabbau
Gelingt dieser Versuch, erspart sich der Schuldner die Verbraucherinsolvenz und die Kosten für das Insolvenzgericht und den Insolvenzverwalter. Weil aber viele Gläubiger nicht auf ihre Forderungen verzichten wollen, ist die außergerichtliche Einigung eher die Ausnahme.
Scheitert dieser Einigungsversuch, muss der Anwalt bzw. die Schuldnerberatung dies bescheinigen. Diesen Nachweis benötigt der Schuldner für seinen Insolvenzantrag.
Nutzen Sie für Ihren Antrag zur Verbraucherinsolvenz das amtliche Formular, welches Sie auf der Website des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz herunterladen können.
Erneuter Einigungsversuch vor dem Insolvenzgericht: Gerichtliches Schuldenregulierungsverfahren
Nachdem der Schuldner seinen Antrag zur Verbraucherinsolvenz gestellt hat, entscheidet das Insolvenzgericht, ob es einen weiteren Einigungsversuch unternimmt.
Wenn ein solches gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren kaum Erfolg verspricht, kann das Gericht auch darauf verzichten und sofort die Insolvenz eröffnen.
Hat dieses Verfahren jedoch Erfolg, so stellt das Insolvenzgericht die Annahme des Schuldenbereinigungsplans in einem Beschluss fest. Der Plan wirkt wie ein gerichtlicher Vergleich. Der Schuldner muss nun die in dem Plan festgelegten Leistungen erfüllen und nicht mehr die ursprünglichen Forderungen.
Gerichtliches Insolvenzverfahren – Obliegenheiten während der Wohlverhaltensphase
Scheitert der gerichtliche Einigungsversuch, so eröffnet das Insolvenzgericht die Verbraucherinsolvenz per Beschluss und bestellt einen Insolvenzverwalter. Ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung tritt der Schuldner sein pfändbares Einkommen an den Insolvenzverwalter ab. Diese Abtretungsfrist ist den meisten Verbrauchern unter dem eher geläufigen Begriff der Wohlverhaltensphase bekannt.
- Die Höhe des pfändbaren Einkommens ergibt sich aus der Pfändungstabelle. Die Pfändungsfreigrenze richtet sich dabei nach der Höhe des Nettoeinkommens und der Anzahl der dem Schuldner gegenüber Unterhaltsberechtigten.
- Schuldner müssen während der Wohlverhaltensphase zur Verbraucherinsolvenz arbeiten oder sich zumindest um eine angemessene Arbeitsstelle bemühen. Denn nur wenn sich der Schuldner alles daran setzt, Einkommen für den Schuldenabbau zu erwirtschaften, ist eine Restschuldbefreiung, die immer auch mit Verlusten der Gläubiger einhergeht, gerechtfertigt.
- Wer während seiner Privatinsolvenz erbt oder eine Schenkung erhält, muss die Hälfte hiervon an den Insolvenzverwalter abgeben. Lotto- und ähnliche Gewinne sind in voller Höhe herauszugeben. Lediglich „gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert“ sind von dieser Herausgabepflicht ausgenommen.
- Verbraucher dürfen während der Verbraucherinsolvenz keine unangemessenen Verbindlichkeiten eingehen, weil sie anderenfalls die Versagung der Restschuldbefreiung riskieren.
Restschuldbefreiung nach der Privatinsolvenz
Nach dem Ende der Abtretungsfrist bzw. Wohlverhaltensphase entscheidet das Insolvenzgericht über die Restschuldbefreiung. Einzige Bedingung für deren Erteilung ist, dass der Schuldner während der Verbraucherinsolvenz den oben benannten Obliegenheiten nachkommt und sich redlich verhält. Tut er dies nicht, kann ihm das Gericht auf Antrag eines Gläubigers die Restschuldbefreiung versagen.
Mit Erteilung der Restschuldbefreiung ist der Schuldner alle noch offenen Schulden los. Diese Restschulden muss er nicht mehr bezahlen. Dieser Schuldenerlass gilt aber nur für Verbindlichkeiten, die bereits vor der Insolvenzeröffnung bestanden.
Nicht umfasst sind laut § 302 InsO:
- Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung
- gesetzliche Unterhaltsschulden, die „der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat“
- Steuerschulden, die auf einer Steuerstraftat im Sinne von §§ 370, 373 oder § 374 Abgabenordnung beruhen, wenn der Schuldner wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt wurde
- Geldstrafen
- zinsloses Darlehen, das dem Schuldner zur Tilgung der Verfahrenskosten der Verbraucherinsolvenz gewährt wurde