Wohlverhaltensphase in der Privatinsolvenz

Von Franziska L.

Letzte Aktualisierung am: 25. September 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Wohlverhaltensphase: Das Wichtigste in Kürze

Was ist die Wohlverhaltensphase in der Privatinsolvenz?

Der Begriff bezeichnet die mit der Eröffnung des privaten Insolvenzverfahrens beginnende dreijährige Abtretungsfrist, während der der Schuldner sein pfändbares Vermögen an den Insolvenzverwalter abtreten muss.

Wie lange dauert die Wohlverhaltensphase?

Bei der zur Privatinsolvenz dazugehörigen Wohlverhaltensphase beträgt die Dauer drei Jahre. Dies gilt für alle Schuldner, die ihren Insolvenzantrag ab dem 1.10.2020 gestellt haben bzw. stellen. Weitere Informationen finden Sie in diesem Abschnitt.

Was müssen Schuldner während der Wohlverhaltensphase beachten?

Sie müssen nicht nur ihr pfändbares Einkommen abtreten, sondern auch bestimmten Obliegenheiten nachkommen, deren Erfüllung Bedingung für die Restschuldbefreiung ist. Welche das sind, lesen Sie hier.

Wann beginnt beim Insolvenzverfahren die Wohlverhaltensphase?
Wann beginnt beim Insolvenzverfahren die Wohlverhaltensphase?

Keine Restschuldbefreiung ohne Wohlverhalten

Der Gesetzgeber möchte überschuldeten Verbrauchern die Chance bieten, nach der Privatinsolvenz wieder ein schuldenfreies Leben zu führen. Dieses Ziel erreichen die Betroffenen mit der Restschuldbefreiung am Ende der Wohlverhaltensphase.

Doch bevor das Insolvenzgericht diesen Schuldenerlass ausspricht, müssen die Schuldner wichtige Hürden meistern und sich an einige „Spielregeln“, die sogenannten Obliegenheiten, halten:

Privatinsolvenz: Eine Erbschaft in der Wohlverhaltensphase ist zur Hälfte an den Insolvenzverwalter herauszugeben.
Privatinsolvenz: Eine Erbschaft in der Wohlverhaltensphase ist zur Hälfte an den Insolvenzverwalter herauszugeben.
  • Zunächst einmal muss der Schuldner den pfändbaren Anteil seines Einkommens an den Insolvenzverwalter abtreten. Dieser leitet die Gelder an die Gläubiger weiter.
  • Verbraucher müssen während der Wohlverhaltensphase arbeiten und Geld verdienen oder aber sich nachweislich um einen angemessenen Job bemühen. Diese Erwerbsobliegenheit soll dafür sorgen, dass der Schuldner möglichst viel Einkommen erzielt, um daraus möglichst viele Schulden zu tilgen.
  • Erbt der Schuldner während der Wohlverhaltensperiode, muss er das Erbe zur Hälfte an den Insolvenzverwalter herausgeben. Er kann aber auch die Erbschaft ausschlagen, ohne dass ihm dies zum Nachteil gereicht.
  • Geschenke sowie Gewinne aus einer Lotterie oder ähnlichen Spielen mit Gewinnmöglichkeit sind vollständig an den Insolvenzverwalter herauszugeben. Herkömmliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert darf der Schuldner allerdings behalten.
  • Jeder Wohnort- und Arbeitswechsel ist unverzüglich beim Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter anzuzeigen.
  • Während der Wohlverhaltensphase darf der Schuldner nur noch an den Insolvenzverwalter zahlen, nicht aber an einzelne Insolvenzgläubiger.
  • Außerdem darf der Schuldner keine unangemessenen Verbindlichkeiten, z. B. für Luxusgüter oder -reisen eingehen.

Verstößt der Schuldner gegen diese Obliegenheiten, kann ihm das Insolvenzgericht auf Antrag eines Insolvenzgläubigers die Restschuldbefreiung versagen, sodass sämtliche noch nicht getilgte Restschulden nach Beendigung der Privatinsolvenz wieder per Zwangsvollstreckung eingetrieben werden dürfen.

Wohlverhaltensphase: Dauer und Beginn

Ab Oktober 2020 dauern Privatinsolvenz und Wohlverhaltensphase nur noch drei Jahre.
Ab Oktober 2020 dauern Privatinsolvenz und Wohlverhaltensphase nur noch drei Jahre.

Die Wohlverhaltensperiode beginnt bereits mit der Eröffnung der Privatinsolvenz.

Aufgrund einer Gesetzesänderung dauert sie nur noch drei Jahre, ohne dass der Schuldner hierfür einen einen bestimmten Anteil seiner Schulden bezahlen muss. Dies betrifft alle Restschuldbefreiungsverfahren, die ab dem 1.10.2020 beantragt wurden bzw. werden.

Sechsjährige Dauer nur noch bei älteren Insolvenzverfahren

Schuldner, die ihre Privatinsolvenz vor diesem Stichtag beantragt haben, durchlaufen die bisherige sechsjährige Wohlverhaltensphase.

Allerdings verkürzt sich diese Phase wie folgt:

Datum des Insolvenz­antragsDauer der Wohl­verhaltens­phase
17.12.2019 bis 16.01.20205 Jahre und 7 Monate
17.01 2020 bis 16.02.20205 Jahre und 6 Monate
17. 02.2020 bis 16.03.20205 Jahre und 5 Monate
17.03.2020 bis 16.04.20205 Jahre und 4 Monate
17.04 2020 bis 16.05.20205 Jahre und 3 Monate
17.05.2020 bis 16.06.20205 Jahre und 2 Monate
17.06.2020 bis 16.07.20205 Jahre und 1 Monate
17.07.2020 bis 16.08.20205 Jahre
17.08.2020 bis 16.09.20204 Jahre und 11 Monate
17.09.2020 bis 30.09.20204 Jahre und 10 Monate

Darüber hinaus steht diesen Schuldnern eine Verkürzung der Wohlverhaltensphase nach den alten Regeln offen:

  • auf fünf Jahre, wenn der Schuldner bis dahin aller Verfahrenskosten bezahlt oder
  • auf drei Jahre, wenn er innerhalb dieser Zeit alle Verfahrenskosten und mindestens 35 Prozent der Schulden bezahlt.

Ein Leben nach der Privatinsolvenz und Wohlverhaltensphase

Privatinsolvenz: Was passiert nach der Wohlverhaltensphase?
Privatinsolvenz: Was passiert nach der Wohlverhaltensphase?

Wie sich die Zukunft eines Verbrauchers nach der Wohlverhaltensphase und der Beendigung der Privatinsolvenz gestaltet, hängt maßgeblich von dessen Verhalten ab.

Hält er sich an die oben erläuterten Regeln, erteilt ihm das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung, sodass die Gläubiger diese nicht mehr durchsetzen können.

Sämtliche Schulden, die bereits vor der Insolvenzeröffnung bestanden, werden dem Schuldner erlassen – mit Ausnahme von:

  • Schadensersatzforderungen, die auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen
  • Geldstrafen und Bußgeldern
  • Steuerschulden, soweit der Schuldner rechtskräftig wegen einer damit zusammenhängenden Steuerstraftat verurteilt wurde
  • Unterhaltsschulden, die der Schuldner pflichtwidrig und vorsätzlich nicht bezahlt hat
  • Verfahrenskosten für die Privatinsolvenz und hierfür gewährte zinslose Darlehen

Der einzige Wermutstropfen dabei ist, dass die Restschuldbefreiung und die Privatinsolvenz noch für weitere drei Jahre bei der SCHUFA gespeichert bleiben, was sich trotz Schuldenfreiheit negativ auf die Bonität der Betroffenen auswirken kann.

Vermeiden Sie während der Wohlverhaltensphase neue Schulden

Vermeiden Sie neue Schulden nach der Wohlverhaltensphase. Sie können erst nach 11 Jahren eine neue Restschuldbefreiung beantragen.
Vermeiden Sie neue Schulden nach der Wohlverhaltensphase. Sie können erst nach 11 Jahren eine neue Restschuldbefreiung beantragen.

Endgültige Schuldenfreiheit erreichen Verbraucher nur, wenn sie sich während der Insolvenzeröffnung nicht erneut verschulden.

Es ist zwar durchaus erlaubt, während der Wohlverhaltensphase neue Verbindlichkeiten einzugehen.

Diese sollten aber notwendig und angemessen sein und zum derzeitigen Lebensstandard passen. Wer sich hingegen ohne triftigen Grund erneut verschuldet, …

  • … läuft Gefahr, erneut in die Schuldenfalle zu tappen. Denn die neuen Schulden sind nicht von der Restschuldbefreiung umfasst.
  • … riskiert die Versagung der Restschuldbefreiung, wenn die neuen Verbindlichkeiten unangemessen sind oder sogar eine Vermögensverschwendung darstellen.

Aus diesen Gründen sollten Schuldner auch keinen neuen Kredit in der Wohlverhaltensphase aufnehmen, schon gar keinen teuren Dispo-Kredit. Abgesehen davon dürfte es während dieser Zeit schwierig werden, einen seriösen Kreditgeber zu finden, der bereit ist, trotz Insolvenz einen Kredit auszuzahlen. Banken und Geldinstitute werden aufgrund der schlechten Bonität und SCHUFA-Auskunft keine Darlehen vergeben.

Übrigens: Wer potentiellen Vertragspartnern gegenüber seine Insolvenz und Wohlverhaltensphase verschweigt und diese damit über seine Zahlungsfähigkeit täuscht, macht sich mitunter wegen eines Eingehungsbetrugs strafbar.

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Franziska L.

Franziskas Herzensthema sind Finanzen sowie Verbraucherthemen rund ums Geld. Seit 2017 schreibt sie für schuldnerberatungen.org regelmäßig über Schuldenregulierung & Geldtipps, Pfändung & Insolvenz sowie über zivilrechtliche Fragestellungen. Dabei lässt sie auch ihr juristisches Knowhow aus Studium und Referendariat einfließen.

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