Im Überblick: Vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung
- Die vorzeitige Restschuldbefreiung ist nach drei oder fünf Jahren der Wohlverhaltensphase möglich.
- Schuldner müssen jedoch weitreichende Voraussetzungen erfüllen und bereits eine gewisse Summe ihrer Schulden zurückgezahlt haben.
- Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass alle Obliegenheiten eines Insolvenzverfahrens erfüllt werden – ansonsten gefährdet dies nicht nur die vorzeitige, sondern auch die reguläre Restschuldbefreiung.
Gibt es eine vorzeitige Restschuldbefreiung?
Inhaltsverzeichnis
Tatsächlich hält das Insolvenzrecht die Möglichkeit bereit, dass Schuldnern die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung gewährt wird. Beantragen lässt sich dies jedoch nur unter bestimmten Bedingungen, die der Schuldner während eines Insolvenzverfahrens erfüllen muss.
Denn in der Regel ist die Restschuldbefreiung erst nach sechs Jahren Wohlverhaltensphase möglich. Diese beginnt mit Insolvenzeröffnung und nennt sich auch Abtretungsfrist, weil in dieser Zeit das pfändbare Einkommen und Vermögen des Schuldners durch den Insolvenzverwalter eingezogen wird.
Mit der daraus entstehenden Insolvenzmasse werden dann zuerst die Masseverbindlichkeiten und anschließend die Forderungen der Insolvenzgläubiger bezahlt. Nur Schuldnern, die sich in der Wohlverhaltensphase an ihre Obliegenheiten halten und die Befriedigung der Gläubiger nicht gefährden, kann überhaupt die Befreiung von ihren restlichen Schulden am Ende der gerichtlichen Schuldenregulierung gewährt werden.
Vorzeitige Restschuldbefreiung bei Privatinsolvenz & Co.: Voraussetzungen
Die vorzeitige Restschuldbefreiung auf Antrag des Schuldners hat neben den bereits genannten Bedingungen jedoch noch weitere Voraussetzungen:
- Die Masseverbindlichkeiten wie bspw. die Verfahrenskosten müssen in voller Höhe beglichen sein. Dann kann die Restschuldbefreiung bereits nach fünf Jahren gewährt werden.
- Sind neben den Masseverbindlichkeiten auch mindestens 35 Prozent der Insolvenzforderungen getilgt, so kann die Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren erteilt werden.
Schafft es der Schuldner hingegen nicht, nach drei bzw. fünf Jahren die jeweiligen Tilgungsraten zu erreichen, endet die Wohlverhaltensphase regulär nach sechs Jahren unabhängig der bezahlten Schuldhöhe und das Gericht entscheidet anschließend über die Restschuldbefreiung.
Welche Obliegenheiten haben Schuldner?
Damit der Antrag auf (vorzeitige) Erteilung der Restschuldbefreiung positiv beantwortet werden kann, müssen Schuldner gewisse Obliegenheiten erfüllen. Dies sind Pflichten, aus deren Missachtung zwar keine direkten juristischen Folgen erwachsen können, die für die Gewährung gewisser Rechte jedoch obligatorisch sind.
In der Regel- oder Privatinsolvenz kann die vorzeitige Restschuldbefreiung daher auch verwehrt werden, wenn Obliegenheiten verletzt wurden. Folgende Pflichten haben Schuldner u. a. während einer Insolvenz:
- Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit bzw. Bemühungen um eine solche
- Mitteilung jedweder Änderung der Lebensumstände an den Insolvenzverwalter (Kündigung, Jobwechsel, Umzug etc.)
- Vollständige und richtige Angaben über Einkünfte und Vermögen
- Abgabe eines Erbes zur Insolvenzmasse in halber Höhe
- Zahlungen zur Schuldtilgung ausschließlich über den Insolvenzverwalter
Eine selbstständige Tätigkeit sollte normalerweise mit Vorsicht in Betracht gezogen werden, wenn die (vorzeitige) Restschuldbefreiung angestrebt wird. Denn nicht die tatsächlichen Einnahmen bestimmen die Zahlungen an den Insolvenzverwalter, sondern deren Höhe wird so berechnet, als würde der Schuldner einer angemessenen Erwerbsarbeit nachgehen. Ausreichend hohe Einnahmen zu erzielen, kann daher schwierig sein, gerade bei Existenzgründungen.
Außerdem sollten Schuldner, um ihre (vorzeitige) Restschuldbefreiung nicht zu gefährden, es vermeiden, neue Schulden aufzunehmen. Werden diese in dem Wissen aufgenommen, sie bei Fälligkeit nicht zurückzahlen zu können, begeht der Schuldner Eingehungsbetrug. Zudem könnten Insolvenzgläubiger die Verwehrung der Restschuldbefreiung beantragen, wenn durch Neuschulden nach Insolvenzeröffnung die Befriedigung dieser Gläubiger beeinträchtigt wäre.